Dienstag, 27. September 2016

Elle rêve sur l'étoiles de la dune

Am 26. September mussten wir alle früh die Taschen packen, um zu der nächsten zugeteilten Schule zu fahren. In meinem Fall handelte es sich um die Petitcodiac Regional School. Dabei handelt es sich um eine "K-12-Schule", also werden Jahrgänge vom Kindergarten bis zur 12. Klasse dort unterrichtet. Schon als wir das Gebäude betraten, war deutlich, dass sich diese Schule stark zu denen, die wir bisher gesehen hatten, unterscheidet.




Wir platzten unangenehmer Weise genau in die kanadische Hymne hinein, als wir das Sekretariat betraten und waren zuerst irritiert, warum uns niemand begrüßte, bis wir die Situation begriffen hatten. Nach dem Ausklingen der letzten Töne wurden wir dann von der Schuldirektorin für K - 5 und dem Schuldirektor für 6-12 begrüßt und ins Lehrer*innenzimmer gebeten. Dort angekommen standen wir uns alle an einem großen Tisch gegenüber, während sich niemand traute, sich zu setzen. Die Schulleiterin und der Schulleiter unternahmen auch keine Anstalten, sich zu setzen. Kurz wurden wir hier von weiteren Lehrer*innen begrüßt und vorgestellt. Nachdem wir doch noch Platz nahmen, wies uns der Schulleiter daraufhin, dass nun die kanadische Hymne zum zweiten mal gespielt werden würde - und wir standen wieder auf. Auf der einen Seite war die gesamte Situation recht befremdlich - auf der anderen Seite schien es das erste mal zu sein, dass eine Schule nicht perfekt vorbereitet, ja geradezu trainiert wirkte, uns zu "empfangen". Wir wurden aufgefordert, Fragen zu stellen und uns in kleinen Gruppen in Begleitung einer Lehrperson das gesamte Gebäude anzusehen, sowie auch in die Klassen zu gehen. Etwas merkwürdig war auch der Hinweis, man solle ruhig Lehrer*innen ansprechen und befragen, aber die Schüler*innen vielleicht eher nicht - da sie eventuell nicht dafür "bereit" oder "offen" wären.


Die Schule beinhaltet, wie bereits erwähnt, einen Kindergarten. Dieser steht jedoch leider nur halbtags zur Verfügung und spätestens um 13:30 Uhr müssen die Kinder wieder abgeholt werden. Gerade für berufstätige Eltern kann das natürlich ein Problem sein. Dafür gibt es dann noch den "Boys and Girls Club", wobei es sich um eine kostenpflichtige Kinderbetreuung mit Programm handelt.
Diversität war auch ein Thema in der Vorstellung der Schule, so hieß es beispielsweise, es gäbe ein Trans*Kind in der Schule, welches gerade seinen Namen geändert hat und sich in einer Hormonumstellung befindet, jedoch in einer extra Klasse unterrichtet wird, Kinder im Autismusspektrum welche "auch mit den anderen Kindern Lunch essen würden - vielleicht nicht am selben Tisch wie die anderen, aber dennoch"! Und zu guter letzt wurde den ganzen Tag über von einer syrischen Familie erzählt, die bald ankommen soll, die aber noch niemand gesehen haben möchte.
Die spezielle Klasse, die ich bereits erwähnte, das sogenannte "Flex Center" war sehr interessant. Es handelt sich dabei um einen offenen Unterrichtsraum, in dem verschiedene Schüler*innen, die (aus welchen Gründen auch immer) aus dem Raster gefallen sind, frei und in ihrem eigenen Tempo lernen können. Dabei stellt eine Lehrperson Materialien zur Verfügung (die aber nicht alle genutzt werden müssen) und ist hauptsächlich zur Unterstützung da, falls Fragen auftreten. Die Schüler*innen müssen auch nur einen Tag in der Woche anwesend sein und können die restliche Zeit zu Hause arbeiten.
Was mir an der Schule wohl am unangenehmsten aufgefallen ist, waren die Schilder mit Regeln, die überall im Schulflur und den Klassenzimmern angebracht waren. Diese so festgelegten Regeln stehen unter der Überschrift "Do The Right Thing!" also "Mach das Richtige!" - als ich ein Foto von den Regeln schoss, wurde mir gleich von einer Lehrerin erzählt, dass sie die Schüler*innen, die die "Regeln brechen" nur noch mit: "Are you doing the right Thing?" ansprechen müssten und sie wüssten bescheid.


Nachdem wir uns so über die Schule einen Einblick verschaffen konnten, fuhren wir weiter zur Universität Moncton, wo wir mit kanadischen Educationstudents gemeinsam an einem Seminar teilnahmen, in dem wir die Vorteile und Herausforderungen von Inklusion weiter vertieften.

Doch die beeindruckendste Veranstaltung war wohl die Vorstellung von Danielle Lorangers Bilderbuch "Une étoile sur la dune". Dabei handelt es sich um eine Geschichte, in der Loranger mit autobiographischen Zügen die Tatsache verarbeitet, dass sie eine Tochter im Autismusspektrum hat und wie sie damit umgeht, bzw. - In einer liebevollen Präsentation stellte sie uns ihr Buch vor, zeigte uns verschiedene Materialien und Erinnerungsstücke aus ihrem Leben und dem ihrer Tochter.
Wer jemals die Möglichkeit hat, dieses zauberhafte Buch zu lesen, sollte es sich auf jeden Fall bestellen - leider gibt es das bisher nur auf französisch.

Am Abend trafen wir uns dann noch mit ein paar Mitarbeiter*innen zum Gespräch.
Ich für meinen Teil schicke liebe Grüße nach Deutschland und überall.

Annekat

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