Freitag, 30. September 2016

Ensemble, tout est possible!

Am Mittwoch, den 28.09., besuchten wir erneut in Gruppen aufgeteilt drei verschiedene Schulen. Unsere Erlebnisse möchten wir euch, wie auch im vorherigen Post, kurz vorstellen.


Die High School Marie-Esther umfasst 480 Schüler*innen der Jahrgänge neun bis zwölf. Die Lage der Schule, war dafür verantwortlich, dass wir uns viel zeitiger, als die anderen Gruppen auf eine fast zwei stündige Fahrt nach Shippigan begaben. Da uns die Schule jedoch als die Schule mit der inklusivsten Schulleiterin empfohlen wurde, nahmen wir den Weg gerne auf uns. In der Schule angekommen wurden wir von der der charismatischen und visionären Direktorin empfangen. Nach einer Vorstellung der Schule, deren Organisation und einer kurzen Fragerunde gab sie  uns eine Führung durch das Schulgebäude. Anschließend hatten wir, bis zur Lunchtime, Zeit uns frei in der Schule zu bewegen, verschiedene Unterrichtssituationen zu hospitieren und intensive Gespräche mit den unterschiedlichen Mitarbeiter*innen der Schule zu führen.  Auffällig war, neben der sehr interessierten und engagierten Schulleitung, dass sich diese Einstellung in den Gesprächen mit fast allen Lehrer*innen ebenfalls zeigte. Besonders sei hier eine der drei resource teacher zu erwähnen. Großer Wert wurde auf die Teamarbeit, sowohl unter den leadern der fünf verschiedenen Departements und den verschiedenen Lehrern (assistent teacher, classroom teacher, resource teacher und der Schulleitung) aber auch in Bezug auf Elternarbeit, immer zum Wohle und unter Mitbestimmung des Kindes/Jugendlichen, gelegt. Als ein Highlight blieb uns das PCE im Gedächtnis. Hierbei handelt es sich um ein freiwilliges Programm, welches die Schüler auf das College oder den Arbeitsmarkt vorbereiten soll. Das große Ziel der Schule ist, so wurde es uns gesagt, alle Schüler*innen gleichermaßen, ihren Möglichkeiten entsprechend, auf ein autonomes Leben nach der Schule vorzubereiten und allen gleichermaßen gerecht zu werden und weiterhin eine direkte Vorbereitung für den Arbeitsmarkt zu sein.



Leider mussten wir, aufgrund der erneut zweistündigen Fahrt zum nächsten Programmpunkt zeitig wieder aufbrechen.


Miramichi Valley Highschool

Die Miramichi Valley Highschool war aus verschiedenen Gründen interessant zu beobachten. Ganz im Gegensatz zu den bisherigen Schulen, die sich alle auf uns vorbereitet und eingestimmt hatten, wurden wir hier direkt in den Alltag "hineingeschmissen". Der Direktor der Schule war den ganzen Tag sehr beschäftigt und forderte uns auf, uns einfach selbst umzusehen und das mitzunehmen, was uns am interessantesten erschien. Das ließen wir uns nicht zwei mal sagen und nutzten die Gelegenheit, in jedes Klassenzimmer zu schauen, welches auf dem Weg lag.


Die Schule hat ein relativ großes Lehrangebot. Neben den verschiedenen Standardkursen wie Science und Musik gab es auch Modeklassen mit Nähmaschinen für den Gebrauch oder eine Einführung in die Bildbearbeitung mit Photoshop.


Die Miramichi Valley Highschool hat eine große Anzahl an Schüler*innen mit indigenen Wurzeln. Eine Besonderheit ist hierbei, dass sie spezielle Klassen haben, in denen diese Schüler*innen Mi'kmaq (indigene Sprache) lernen können. Leider hat die Schule seit diesem Jahr ihre Mi'kmaqlehrerin nicht mehr, sodass die Schüler*innen auf Computerprogramme angewiesen sind. Hierbei konnte ich beobachten, wie einige den "Sprachunterricht" eher zum Computer spielen benutzten. Insgesamt ist der Ansatz, die indigenen Schüler*innen zusammen zu bringen eher kontraproduktiv, wenn man von einem inklusiven Standpunkt aus betrachtet. Im Gespräch mit anderen Kindern stellte sich auch heraus, dass es eine starke Cliquenbildung in der Schule gibt und die "Natives" eher unter sich bleiben.




Auf die Frage hin, wann es Mittag geben würde und ob wir uns auch in der Caféteria etwas zu essen kaufen könnten, erzählte uns eine Lehrerin, dass wir unbedingt um 11.45 Uhr essen gehen sollten, weil dann die "Special needs kids" essen würden und das doch sicherlich interessant für uns wäre. Nach dieser merkwürdigen Aussage befand ich mich zur besagten Zeit dann in der Mensa. Tatsächlich kamen nach kurzer Zeit zwei Betreuerinnen mit einem Mädchen im Rollstuhl, mit offensichtlicher geistiger Beeinträchtigung, an. Nach kurzer Zeit gesellten sich ein schätzungsweise 15-Jähriger Junge und ein 13-Jähriges Mädchen mit Downsyndrom, eine junge Frau im Autismusspektrum sowie ein 14-jähriger Junge, bei dem ich nicht erkennen konnte, warum er am "Special Needs Tisch" sitzen "sollte". Ich erlebte leider hier das gleiche, was einem in Deutschland auch oft im sonderpädagogischen Bereich passiert: Ich versuchte, mit den Kindern zu reden und bekam immerzu nur Antworten von den Betreuerinnen, obwohl die Schüler*innen eindeutig zu einem Gespräch in der Lage gewesen wären und auch sehr interessiert an mir zu sein schienen.
Warum die Kinder zu einer besonderen Zeit und nicht mit den anderen Schüler*innen zusammen essen würden wurde mir von den Betreuerinnen damit begründet, dass sie vor den anderen Angst hätten. Das wurde nur noch merkwürdiger dadurch, dass nach ungefähr zehn Minuten sowieso alle Kinder zum Essen in die Caféteria gelaufen kamen. Eine inklusive Haltung ist dahinter leider überhaupt nicht zu erkennen.


Eine sehr positive Erfahrung war dafür das "Gay Straight Alliance-Treffen", an dem wir teilnehmen durften. Dabei handelt es sich um einen Club, der von Schüler*innen ins Leben gerufen wurde, die in irgendeiner Art und Weise an dem LGBQIT-Thema interessiert sind. Das ganze wird von einer Lehrerin geleitet und auch von der Schulleitung unterstützt. Es waren um die 15 Kinder hierbei anwesend und es wurde darüber gesprochen, wie man beispielsweise eine Pride Parade an der Schule realisieren könnte und, dass der Club nun bald einen eigenen Raum bekommen sollte. Zwischenzeitlich war sogar ein Teil der Schulleitung anwesend, die das Thema eindeutig mit zu unterstützen scheinen.



Schule 3
- folgt -

Am frühen Nachmittag begaben wir uns aus den verschiedenen Schulen auf den Weg zum Metepenagiag Heritage Park. Hierbei handelt es sich um eine Begegnungsstätte kanadischer Ureinwohner. Hier bekamen wir einen medial stark ausgestalteten Film über die 3000 Jahre alte Geschichte der ältesten und dauerhaftesten Community von First nation People, der sogenannten Mi'kmaq Kultur. Danach schauten wir uns die zugehörige Ausstellung an, in der vor allem alltägliche Gegenstände der indigenen Bevölkerung  aber auch die Geschichte durch viele verschiedene Filme dargestellt wurden.


Anschließend hatten wir noch die Möglichkeit eine kleine Wanderung auf den Spuren der Mi'kmaq zu machen.  Draufhin begannen wir, sehr enttäuscht durch die wenig differenzierte und eindimensional Darbietung  von Inhalten unsere dreistündige Fahrt nach Woodstock.



Gegen 21 Uhr Ortszeit erreichten wir schließlich alle unsere Unterkunft für die heutige Nacht und nutzten die restliche Zeit zum Abendessen, Billard und Karten spielen, Baden im Hotel Pool und für ausführliche Gespräche.

Cynthia & Annika


Donnerstag, 29. September 2016

Réussite = Efforts × Stratégies

Am Dienstag, den 27.09. besuchten wir, in drei verschiedene Gruppen eingeteilt, verschiedene Schulen. Über die Erlebnisse in den einzelnen Einrichtungen wollen wir euch jetzt berichten.

Für unsere Gruppe ging es in eine frankophone High School. Dort wurden wir von Chantal, einer von acht ressource teacher der Schule, empfangen. Nachdem sie uns in einen Konferenzraum führte, informierte sie uns über die Schule und inwiefern dort versucht wird Inklusion umzusetzen. Anschließend fragte sie uns worüber wir Informationen erhalten wollen, woraufhin wir unsere Forschungsfragen und unsere Intentionen des Besuches erklärten. Nach der Gesprächsrunde führte Chantal uns durch die Schule. Als erstes zeigte sie uns die Büros der resource teacher, deren Türen jederzeit für Fragen und Probleme aller Schüler zur Verfügung stehen. Danach gingen wir in einen Raum mit verschieden Arbeitsmaterialien, die nach Thema und Schwierigkeitsgrad sortiert sind. In diesem Raum werden Kinder mit besonderem Förderbedarf unterrichtet. Jeder Schüler, der in diesem Raum unterrichtet wird, hat ein Buch mit Buchstaben und Nummern darin, mithilfe derer sich die Schüler ihre jeweiligen Aufgaben raussuchen. Ziel des Raumes ist es, dass die Schüler 60 Minuten ohne Unterbrechung und Fragen selbstständig arbeiten.


Als nächstes gingen wir in einen Raum der "Appartement" genannt wird. Dort trainieren Kinder mit besonderem Förderbedarf alltägliche Fertigkeiten, wie zum Beispiel Staubsaugen, um später leichter einen Job zu bekommen. Leider, hatten wir nicht die Möglichkeit uns eine Unterrichtsstunde anzuschauen. Am Ende unseres Besuchs hatten wir noch einmal die Chance Fragen, die bis jetzt noch nicht beantwortet wurden, zu stellen.




Schule 2
- folgt-

 
Wee College (Early Childhood Center)
 
Am Wee-College wurden wir sehr herzlich durch die Leiterin und eine Mitarbeiterin empfangen. Nach der freundlichen Begrüßung wurden wir gefragt, was wir genau erfahren wollen. Unseren Wünschen und Bitten wurde direkt nachgegangen und wir erhielten eine Tour durch den Kindergarten. Der Kindergarten umfasst die Altersgruppen von 1-4 Jahren und orientiert sich an dem Curriculum für early  learning and child care in New Brunswick. Ein Platz für ein Kindergartenkind kostet, mit allen Mahlzeiten, 800$ im Monat. Auf unserem Rundgang bestaunten wir die sehr liebevoll und detailreich gestalteten Räumlichkeiten und konnten in Interaktion mit den Kindern und Erzieher*innen treten. Auffällig war das Betreuungsverhältnis, auf einen/r Erzieher*in kommen maximal drei Kinder. Nachdem, wir die einzelnen Gruppen angeschaut hatten, gingen wir in den Raum der After-School-Betreuung. Dieser ist bestimmt für die Kinder im Alter von fünf bis zwölf. Hier wurde uns die Möglichkeit gegeben, alle Fragen zu stellen, welche uns unter den Nägeln brannten. Besonders auffällig war die Tatsache, dass es sich bei Wee-College um ein Franchise Unternehmen handelt, welches sogar in China intendiert eine „Filiale“ zu eröffnen.





 
Anschließend hatten wir bei Kaffee und Kuchen die Chance informeller Gespräche. Leider mussten wir gegen Mittag aufbrechen, um den Tagesablauf nicht weiter zu stören. Da noch Zeit bis zum nächsten Programmpunkt war, entschied sich unsere Gruppe für einen Besuch des Magnetic Hill.


Auf Grund einer, im Vorhinein stark aufgebauten Spannung, fuhren wir danach ziemlich enttäuscht zur Université de Moncton. Hier vereinte sich unsere Gruppe.

Zur Lunch- Time hielten Andreas Hinz, Robert Kruschel und David Jahr einen prägnanten Vortrag vor uns, den Mitarbeiter*Innen und Student*innen über das deutsche Schulsystem, die Inklusiven Debatten und gaben einen  Ausblick für die Zukunft.





Anschließend fuhren wir, da sich das Wetter deutlich verbessert hatte, in den Kouchibouguac-Nationalpark und begaben uns auf die Suche nach Elchen und Bären. Aber wie bereits Fundy, verließen wir auch den Park, nach einer Wanderung ohne eine Sichtung. Aber immerhin hatten wir Zeit etwas durchzuatmen, die Natur zu genießen und ein Gruppenfoto zu schießen.




Daraufhin fuhren wir in unser Hotel nach Miramichi, in welchem wir eine Reflexionsrunde über die vorangegangenen Tage und den heutigen Schulbesuchen abhielten. Nach einer recht ausführlichen und differenzierten Diskussion begaben wir uns todmüde in die Betten.

P.S.: Wir müssen uns leider erneut bei all unseren Leser*innen für den verspäteten Blog Eintrag entschuldigen, aber aufgrund technischer Probleme war es früher leider nicht möglich etwas hochzuladen.

Liebe Grüße,
Cynthia & Annika

Dienstag, 27. September 2016

Elle rêve sur l'étoiles de la dune

Am 26. September mussten wir alle früh die Taschen packen, um zu der nächsten zugeteilten Schule zu fahren. In meinem Fall handelte es sich um die Petitcodiac Regional School. Dabei handelt es sich um eine "K-12-Schule", also werden Jahrgänge vom Kindergarten bis zur 12. Klasse dort unterrichtet. Schon als wir das Gebäude betraten, war deutlich, dass sich diese Schule stark zu denen, die wir bisher gesehen hatten, unterscheidet.




Wir platzten unangenehmer Weise genau in die kanadische Hymne hinein, als wir das Sekretariat betraten und waren zuerst irritiert, warum uns niemand begrüßte, bis wir die Situation begriffen hatten. Nach dem Ausklingen der letzten Töne wurden wir dann von der Schuldirektorin für K - 5 und dem Schuldirektor für 6-12 begrüßt und ins Lehrer*innenzimmer gebeten. Dort angekommen standen wir uns alle an einem großen Tisch gegenüber, während sich niemand traute, sich zu setzen. Die Schulleiterin und der Schulleiter unternahmen auch keine Anstalten, sich zu setzen. Kurz wurden wir hier von weiteren Lehrer*innen begrüßt und vorgestellt. Nachdem wir doch noch Platz nahmen, wies uns der Schulleiter daraufhin, dass nun die kanadische Hymne zum zweiten mal gespielt werden würde - und wir standen wieder auf. Auf der einen Seite war die gesamte Situation recht befremdlich - auf der anderen Seite schien es das erste mal zu sein, dass eine Schule nicht perfekt vorbereitet, ja geradezu trainiert wirkte, uns zu "empfangen". Wir wurden aufgefordert, Fragen zu stellen und uns in kleinen Gruppen in Begleitung einer Lehrperson das gesamte Gebäude anzusehen, sowie auch in die Klassen zu gehen. Etwas merkwürdig war auch der Hinweis, man solle ruhig Lehrer*innen ansprechen und befragen, aber die Schüler*innen vielleicht eher nicht - da sie eventuell nicht dafür "bereit" oder "offen" wären.


Die Schule beinhaltet, wie bereits erwähnt, einen Kindergarten. Dieser steht jedoch leider nur halbtags zur Verfügung und spätestens um 13:30 Uhr müssen die Kinder wieder abgeholt werden. Gerade für berufstätige Eltern kann das natürlich ein Problem sein. Dafür gibt es dann noch den "Boys and Girls Club", wobei es sich um eine kostenpflichtige Kinderbetreuung mit Programm handelt.
Diversität war auch ein Thema in der Vorstellung der Schule, so hieß es beispielsweise, es gäbe ein Trans*Kind in der Schule, welches gerade seinen Namen geändert hat und sich in einer Hormonumstellung befindet, jedoch in einer extra Klasse unterrichtet wird, Kinder im Autismusspektrum welche "auch mit den anderen Kindern Lunch essen würden - vielleicht nicht am selben Tisch wie die anderen, aber dennoch"! Und zu guter letzt wurde den ganzen Tag über von einer syrischen Familie erzählt, die bald ankommen soll, die aber noch niemand gesehen haben möchte.
Die spezielle Klasse, die ich bereits erwähnte, das sogenannte "Flex Center" war sehr interessant. Es handelt sich dabei um einen offenen Unterrichtsraum, in dem verschiedene Schüler*innen, die (aus welchen Gründen auch immer) aus dem Raster gefallen sind, frei und in ihrem eigenen Tempo lernen können. Dabei stellt eine Lehrperson Materialien zur Verfügung (die aber nicht alle genutzt werden müssen) und ist hauptsächlich zur Unterstützung da, falls Fragen auftreten. Die Schüler*innen müssen auch nur einen Tag in der Woche anwesend sein und können die restliche Zeit zu Hause arbeiten.
Was mir an der Schule wohl am unangenehmsten aufgefallen ist, waren die Schilder mit Regeln, die überall im Schulflur und den Klassenzimmern angebracht waren. Diese so festgelegten Regeln stehen unter der Überschrift "Do The Right Thing!" also "Mach das Richtige!" - als ich ein Foto von den Regeln schoss, wurde mir gleich von einer Lehrerin erzählt, dass sie die Schüler*innen, die die "Regeln brechen" nur noch mit: "Are you doing the right Thing?" ansprechen müssten und sie wüssten bescheid.


Nachdem wir uns so über die Schule einen Einblick verschaffen konnten, fuhren wir weiter zur Universität Moncton, wo wir mit kanadischen Educationstudents gemeinsam an einem Seminar teilnahmen, in dem wir die Vorteile und Herausforderungen von Inklusion weiter vertieften.

Doch die beeindruckendste Veranstaltung war wohl die Vorstellung von Danielle Lorangers Bilderbuch "Une étoile sur la dune". Dabei handelt es sich um eine Geschichte, in der Loranger mit autobiographischen Zügen die Tatsache verarbeitet, dass sie eine Tochter im Autismusspektrum hat und wie sie damit umgeht, bzw. - In einer liebevollen Präsentation stellte sie uns ihr Buch vor, zeigte uns verschiedene Materialien und Erinnerungsstücke aus ihrem Leben und dem ihrer Tochter.
Wer jemals die Möglichkeit hat, dieses zauberhafte Buch zu lesen, sollte es sich auf jeden Fall bestellen - leider gibt es das bisher nur auf französisch.

Am Abend trafen wir uns dann noch mit ein paar Mitarbeiter*innen zum Gespräch.
Ich für meinen Teil schicke liebe Grüße nach Deutschland und überall.

Annekat

Montag, 26. September 2016

Erholung im Fundy National Park

Nach einer ereignis- und erkenntnisreichen Woche nutzten wir das Wochenende im Fundy National Park, um die Natur zu genießen und zu entspannen. Dies bot uns die Chance unsere Gedanken zum Thema menschenrechtsbasierte Bildung und alle Erfahrungen, die wir in den Schulen gemacht haben, zu sortieren, zu reflektieren oder einfach einmal abzuschalten. Bereits das Frühstück am Samstag fand, im Gegensatz zu denen in Toronto, in der Natur mit einem wundervollen Ausblick statt.


Nach diesem entspannten Frühstück ging es zu den Hopewell Rocks. Dort teilten wir uns auf und erkundeten auf eigene Faust die atemberaubenden Gesteinsformationen. 






Auf dem Weg zurück zum Motel hielten wir noch an mehreren Aussichtspunkten und betrachteten die bezaubernde Natur.




Am Sonntag  ging es für manche von uns wild her. Nach zwei Stunden Autofahrt wurde diese Gruppe mit einer 4-stündigen Tour mit einem Speedboot auf dem Bay of Fundy und auf dem Atlantik belohnt. Vom Boot aus bekamen wir auch einige Wale zu sehen. Die Anderen nutzten den Tag zum wandern, um mehr von der Umgebung zu sehen.



Wie auch am Samstag ließen wir den Tag mit einem gemeinsamen Grillen und einer anschließenden Reflektionsrunde zu unseren bisherigen Erlebnissen und Erkenntnissen ausklingen.



Erholt starten wir nun in eine neue erkenntnisreiche Woche.

Cynthia & Annika 

Sonntag, 25. September 2016

What is essential for one is good for all.

Als die deutsche Delegetation offiziell im Ministerium für Erziehung und frühe Kindheitsentwicklung ankam, wurde sie bereits mit Swag begrüßt - so oder so ähnlich könnte man diesen Blogeintrag beginnen. Tatsächlich wurden wir im Departement of Education & Early Childhood Development in New Brunswick hochoffiziell empfangen. Wir bekamen kleine Geschenke (die vom Minister scherzhaft als "Swag" bezeichnet wurden, was soviel wie "(Diebes-)beute" bedeutet), Kaffee und Gebäck sowie eine ausführliche Präsentationsmappe überreicht. Nach relativ kurzer Zeit stellte sich heraus, dass wir fälschlicher Weise für Regierungsmitarbeiter*innen gehalten wurden. Sympathisch fanden wir die Reaktion, dann könnte man ja auch ehrlich sein.
In sechs Stunden besprachen wir mit verschiedenen Expert*innen die Programme und Ansätze des Ministeriums der Inklusiven Bildung auf Basis der Menschenrechte.



Diese sechs Stunden waren wohl bisher die themenintensivsten, die wir auf unserer Exkursion erlebt haben.
In der Einleitung zum Thema Inklusion sprach der Minister schon einige unserer Schlüssselthemen an - Kinderrechte, Menschenwürde, die Immigration von Menschen nach Kanada, Rechte von LGBQIT people und die schwierige Geschichte Kanadas mit der indigenen Bevölkerung. Kelly ging bedacht, selbstkritisch und mit erstaunlich tiefem Fachwissen auf unsere Fragen ein, die Begeisterung für die gesamte Inklusionsthematik war ihm anzumerken. Ich denke, dass ein dermaßen offenes Gespräch mit Minister*innen in Deutschland schwierig wäre.



In New Brunswick gibt es seit 2013 das erste offizielle politische Programm zur inklusiven Schulbildung. Des Weiteren ging es noch um die Machtverteilung im Schulkontext und die kritische Auseinandersetzung damit, ob es wirklich sinnvoll ist einer Lehrperson allein die komplette "Gewalt" über die Klasse zu geben.



Ein auf Grund der aktuellen Situation für uns besonders spannender Programmpunkt war der Vortrag von Tammy Strong und Sylvie Arseneau, die über "Newcomer Students" sprachen. In Kanada wird fast überall statt von Flüchtlingen oder Refugees von "Neuankömmlingen" bzw. "Neuen Kanadier*innen" gesprochen. Diese sprachliche Feinheit zeigt auch wieder, wie sensibel mit solchen Themen hier umgegangen wird. Seit Januar 2016 gibt es laut Strong mehr als 500 syrische Neuankömmlinge in Kanada. Ganz deutlich sagen sowohl Tammy Strong als auch Sylvie Arseneau, wie wichtig die Immigration für New Brunswick und ganz Kanada ist. Dort schrumpft die Zahl der Einwohnenden massiv. Inzwischen sterben jährlich mehr Menschen in Kanada als neu geboren werden. Es gäbe zwar wohl auch Widerstände in der Bevölkerung, jedoch nicht ansatzweise so massiv, wie wir es gerade in Deutschland erleben. Der Prime Minister beispielsweise ging mit gutem Beispiel voran und begrüßte medienwirksam die ersten syrischen Neuankömmlinge am Flughafen mit Mützen und Jacken, ließ Fotos schießen und setzte so ein deutliches Zeichen dafür, dass diese Menschen nicht nur geduldet, sondern erwünscht sind. Auch "Welcome Centers" wurden eingerichtet, in denen Menschen Zugang zu psychologischer und ärztlicher Betreuung gewährt wurde, EAL-Lehrer*innen (Englisch als Fremdsprache) anwesend waren sowie Personen, die sich ehrenamtlich um die Bürokratie kümmerten.

Arabisch sprechende Kinder und Erwachsene meldeten sich freiwillig, um beim Übersetzen zu helfen und so wurde auch diese Ressource neu entdeckt. Kinder konnten plötzlich stolz ihren Lehrer*innen beim Kommunizieren mit neuen Schüler*innen helfen. Immer wieder betonten Strong und Arseneau wie wichtig Zusammenarbeit und Partnerschaft in der Inklusionsarbeit wären und wurden nicht müde, sich gegenseitig für ihre gute Arbeit zu loben.
Nach einer Mittagspause war vielleicht noch das spannendste Thema der Vortrag von Isabelle Cowan, die über die nötige Unterstützung für Schüler*innen im Autismus Spektrum sprach. Im EECD Provincial Autism Training werden auf Grundlage einer Diagnose individuell mit Menschen im Autismus Spektrum unter anderem alternative (gesellschaftlich angesehene) Verhaltensmuster trainiert.

Nach diesem Tag schwirrte uns den restlichen Abend der Kopf, zum Glück stand "nur noch" der Einkauf im Supermarkt für das Wochenende an. Jeder einzelnen Person war anzusehen, dass die zwei Tage im Fundy Nationalpark nötig sein würden, um die gesammelten Eindrücke zu sortieren und zu verarbeiten.

Wir melden uns bald wieder, um sie mit euch zu teilen.
Liebe Grüße & bis bald.

Annekat

Freitag, 23. September 2016

Goodbye Toronto - Hello New Brunswick!

Wie auch am Mittwoch besuchten wir am 23.September in Gruppen aufgeteilt zwei verschiedene Schulen - die Rose Avenue Junior Public School und die Stanley Public School.

Rose Avenue Junior Public School

Schon als wir die Rose Avenue Junior Public School betraten, waren wir verzaubert. Die Wände des Hausflurs dieser besonderen Schule sind in Zusammenarbeit mit Eltern und Schüler*innen bunt bemalt worden. Dabei wurden Motive und Szenen aus der Kultur der indigenen Bevölkerung sowie der Maori übernommen. Des Weiteren hängen an jeder Ecke und Skulpturen aus dem Kunstunterricht.



Wir wurden bereits im Eingang vom Schulleiter begrüßt, der uns sichtlich stolz die Schule präsentierte. In der Bibliothek wurden wir mit Gebäck und Kaffee versorgt, während der Direktor und der Schulrat uns noch mehr über die Rose Avenue Junior School erzählte. Unter anderem wurde über ein neues Programm gesprochen, dass Kinder dazu bringen soll, am Ende des 1. Schuljahres lesen zu können. Besonders im Nachhinein bin ich mir nicht sicher, ob ich das als eher positiv oder negativ sehen soll. Auch wenn es sicher wichtig ist, Kinder vor Herausforderungen zu stellen, finde ich eine dermaßen präzise Forderung in einer heterogenen Lerngruppe schwierig.
Nach der Diskussion wurden wir, permanent vom Schulleiter begleitet, durch die Schule geführt. Wir hatten die Möglichkeit, eine Tanzgruppe zu sehen, waren in einer Mathestunde und haben eine Kindergartengruppe beobachtet, die von einer sehr sympathischen und unkonventionellen Lehrerin unterrichtet wurden. In dem Unterricht lernten die Kinder mit iPads zeichnen und Fotos zu machen, die dann direkt in ein Netzwerk hochgeladen wurden, auf welches auch Eltern zugreifen können. So können Eltern auch viel direkter am Lern- und Lehrprozess ihrer Kinder teilnehmen. Die Problematik des Datenschutzes dabei scheint jedoch in Kanada eine untergeordnete Rolle zu spielen.


Der Direktor war die ganze Zeit über dabei, scheint jedoch auch sonst bei den Schüler*innen und Lehrpersonen eine angesehene und beliebte Person zu sein. Die Kinder schien er fast alle beim Namen zu kennen und seine Kolleg*innen verloren kein schlechtes Wort über ihn - aber auch nicht übereinander. Insgesamt ist die Sprache hier sehr viel anerkennender als in Deutschland zu sein. Die Lehrer*innen drückten auch ihren Kolleg*innen über nur Wertschätzung aus, es wurde immer nur von "großartiger Arbeit" gesprochen, die geleistet werde.


Gegen 7.30 Uhr begaben wir uns vollgepackt in öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg zur Stanley Public School am Rande Torontos. Dort angekommen wurden wir sehr herzlich durch die Schulleiterin und einer kleinen Gruppe von Schüler* innen empfangen. Wie auch am vorigen Tag begann die Schule mit dem Singen der kanadischen Nationalhymne gefolgt von einer Durchsage. Dabei wurden alle erneut begrüßt und die wichtigen Tagesordnungspunkte erörtert. Anders als jedoch am Mittwoch erfolgte die Durchsage durch eine Schülerin. Anschließend hörten wir einen Vortrag durch die Schulleiterin über die Schule und deren Umgang mit Inklusion und Heterogenität. Am Ende der Einführung stellten zwei Schülerinnen ihre Erlebnisse an der Schule vor. Gefolgt von zwei Jungen, welche uns ein selbst gebasteltes Plakat über die Schule und deren Angebote erläuterten. Den Abschluss bildete die Darbietung eines kleinen Schulchors, der in eine Tour durch die Schule mündete. Anschließend hatten wir bis zum Mittagessen die Zeit, uns frei in der Schule zu bewegen, die einzelnen Unterrichtsstunden zu besuchen und teilweise auch Nachfragen zu stellen. Letzte Fragen wurden dann erneut bei einem gemeinsamen Mittagessen mit den Mitarbeiter*innen der Schule geklärt.




Gegen 13 Uhr mussten wir uns von Toronto verabschieden und begaben uns auf den Weg zum Flughafen. Unsere Reise würde uns als nächstes nach New Brunswick führen. Wir flogen mit einer kleinen Propellermaschine. Gegen 20Uhr Ortszeit landeten wir sicher, wenn auch etwas müde in Fredericton, der Hauptstadt New Brunswicks.


Nachdem wir unsere Mietwagen erhalten hatten, begaben wir uns auf den Weg zu unserem Motel für die Nacht. Nach einer kurzen Zeit des Ankommens begaben wir uns alle gemeinsam auf den Weg zu einer Pizzeria, auf deren Terrasse wir schließlich den Tag ausklingen ließen, ehe wir müde und voller neuer Erwartungen in unsere Betten fielen.



Cynthia & Annika